Was bringt ein Freiwilligendienst im Ausland (nicht)?
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Da jeder gewisse Vorstellungen und Erwartungen an seine Auslandszeit hat, werdet ihr wahrscheinlich auch Enttäuschungen erleben. Vielleicht ist euer Projekt nicht so, wie ihr es euch vorgestellt habt, vielleicht habt ihr Schwierigkeiten, euch in dem neuen Land zu integrieren.
Meiner Meinung nach sollte man vor allem mit einem Ziel an einen Freiwilligendienst herangehen: Seinen Horizont zu erweitern und Erfahrungen in einer anderen Kultur zu sammeln. Grade, wenn ihr in einem nicht-westlichen Land seid, werdet ihr zu einer hohen Wahrscheinlichkeit erstmal einige Wochen oder Monate damit verbringen, verwirrt zu sein. Es ist gut möglich, dass ihr Dinge erlebt, mit denen ihr nicht einverstanden seid oder die ihr nicht nachvollziehen könnt.
An der Schule, an der ich gearbeitet habe, gehörten zum Beispiel Erziehungsmethoden zum Alltag, mit denen ich überhaupt nicht einverstanden war. Ich musste akzeptieren, dass ich daran nicht viel ändern konnte, außer es selber anders zu machen. Man kann schließlich nicht mit 19 Jahren in ein fremdes Land gehen und den Leuten dort sagen, was sie zu tun haben.
Auch wenn Freiwilligenarbeit oft so verkauft wird, solltet ihr euch von dem Gedanken verabschieden, vor Ort etwas Großes zu verändern. Sicher gibt es auch Projekte, in denen man sich produktiv einbringen oder etwas Neues mit aufbauen kann. Fakt ist aber auch, dass ihr keine Entwicklungshelfer seid und ihr in dem Land nicht in der Weise, wie ihr es euch vielleicht vorstellt, „gebraucht“ werdet.
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Für sinnlos halte ich Freiwilligenarbeit im Ausland trotzdem nicht. Erst einmal bringt es euch persönlich viel – ihr werdet selbstständig, lernt eine unbekannte Kultur kennen und was es heißt, sich in ihr zurechtfinden zu müssen. Ihr könnt die Gesellschaft, in der ihr aufgewachsen seid, von einem anderen Standpunkt betrachten und feststellen, was ihr zu Hause gut oder schlecht findet. Indem ihr Kontakt zu Einheimischen habt, lernt ihr viel über Menschen, was wir gemeinsam haben und wie man mit Unterschieden umgehen kann. Umgekehrt gilt das Gleiche, denn auch die Leute vor Ort erweitern ihren Horizont, indem sie mit euch zu tun haben. Die Kinder von der Schule, an der ich gearbeitet habe, kannten Europäer zum Großteil nur als Touristen, und das sorgt nicht unbedingt für ein positives Bild. Dadurch, dass wir Freiwilligen ein Teil ihres Alltags geworden sind, konnten wir etwas Distanz abbauen.
Kurz gesagt würde ich das Ganze weniger als Entwicklungshilfe und mehr als einen kulturellen Austausch betrachten.
Insgesamt kann ich euch Freiwilligenarbeit empfehlen, wenn ihr ein anderes Land und seine Menschen wirklich kennenlernen wollt und kein Problem damit habt, für eine Zeit in etwas einfacheren Verhältnissen zu leben und euch einer anderen Kultur anzupassen. Ihr solltet aber nicht an falschen Erwartungen festhalten und euch gut überlegen, wo und für was ihr euch bewerbt oder anmeldet. Ich bin froh, dass ich mich getraut habe, denn ich bin bestimmt nicht der mutigste Mensch. Die Erlebnisse sind aber unbezahlbar und geben einem eine neue Perspektive auf die Welt und das Leben hier in Deutschland. Und ich habe schöne Erinnerungen gesammelt, an die ich auch zwei Jahre danach noch gerne zurück denke.
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Stand: 30.August 2016